Home"Mal watt ganz anderes!" Erfahrungen im Umgang mit Stadttheater und Freier Szene und die Sehnsucht nach einem schönen Grau
Das Theater Festival Impulse hat mit seinen neuen Konzepten und der Radikalisierung seiner Einladungspraxis durch Arbeiten, die den Theaterbegriff sehr weit fassen und den Blick über den deutschsprachigen Raum hinaus heben, die Perspektive auf die Freien für mich neu justiert. Denn die von Tom Stromberg und Matthias von Hartz und ihren Jurys nach Nordrhein-Westfalen geholten Produktionen haben meiner Meinung nach das gesamte Theater auf sein Innovationspotenzial hin überprüft. Damit ist das Fes tival, vielleicht mehr noch als in den Jahren zuvor, zu einem Seismografen für künstlerische Entwicklungen der darstellenden Künste insgesamt geworden.
Freie Theaterszene Frankfurt: Starke Stücke
Über vieles muss man mit sich reden lassen. Aber der Gedanke, dass die Stadt Frankfurt sich entschließen könnte, ihre Freie Theaterszene neu zu organisieren, weil sie zu wenig Lecture Performances zeigt oder sich zu oft für Stücke von Büchner und zu selten für Stücke von Schimmelpfennig entschieden hat – und diese Lesart ist nur geringfügig zugespitzt, eigentlich gar nicht –, dieser Gedanke hat schon eine bittere Note. So redlich es wirkt, dass die vom Kulturamt eingesetzte „Perspektivkommission" zur „Evaluation der Freien Theaterszene in Frankfurt am Main" ihre Maßstäbe offenlegt (auch die Theaterfoyers bekommen ihr Fett ab, eine putzige Passage), so überdeutlich machen ihre Mitglieder damit Vorgaben für den ästhetischen Inhalt. Damit lässt sich eventuell ein Festival bewältigen, nicht aber die Freie Szene einer Großstadt. Plädoyer für das Kinderstück. Mülheimer Memorandum 2012
Zusammengestellt von Professor Dr. Wolfgang Schneider, Universität Hildesheim
Wie man das theatrale Rad neu erfindet
Abseits des großen Theatertreffens in Berlin ereignete sich in Hildesheim das Theater- und Performancefestival transeuropa2012. Da das Festival unter anderem Nachwuchsförderung zum Ziel hat, wurde im Festivalzentrum eine Podiumsdiskussion zu ebendiesem Thema veranstaltet. Die Debatte wurde von Professor Wolfgang Schneider moderiert. Vier aus dem deutschsprachigen Raum stammende Gäste unterschiedlicher Beschäftigungsbereiche waren geladen worden: Phillippe Bischof (Leiter Abteilung Kultur im Präsidialdepartement Basel-Stadt), Franziska Werner (Leitung Sophiensaele Berlin), Almut Wagner (Leitende Dramaturgin Schauspielhaus Düsseldorf) und Kristofer Gudmundsson, ein Mitglied des Hildesheimer Theaterkollektivs vorschlag:hammer. "Bollwerk der Tradition". Der Zustand des Freien Theaters in Frankfurt am Main
Mit einem Etat von ca. 5 Millionen Euro ist die freie Szene in Frankfurt/Main gut ausgestattet, solte man meinen. Doch der abschließende Bericht der Perspektivkommission zur Evaluierung der Freien Theaterszene Frankfurts zeichnet ein problematisches Bild: Förderung nach dem Gießkannenprinzip, kein Austausch mit der bundesweiten oder internationalen Szene und die fehlende Bindung junger Künstler an die Stadt sind nur einige der Baustellen. Als gravierendsten Effekt beschreiben sie den Zustand der künstlerischen Arbeiten:
Den gesamten Bericht der Kommission finden Sie hier. Dramaturgen gegen Watte. Ein Gespräch der Beobachter über das Gespräch der Experten
Experten der Theater- und Dramatikerszene, Dramturgen (u.a. Christian Schönfelder vom Jungen Ensemble Stuttgart und Barbara Kantel aus Essen), die Lektorin Nina Peters, Mitglied im Auswahlgremium der „KinderStücke", Autoren (u.a. neben Autoren der diesjährigen Kinderstücke wie Jens Raschke vom Theater an der Werft in Kiel oder Michael Schramm und Sabine Zieser vom Theater Mummpitz in Nürnberg, Oliver Bukowski und Bernhard Studlar) sowie Intendanten (Stefan Fischer-Fels vom GRIPS Theater in Berlin und Andrea Maria Erl vom Theater Mummpitz), Regisseure (u.a. Werner Mink), Schauspieler (u.a. Bettina Storm) und Vertreter der Presse (u.a. Jürgen Berger und Barbara Behrendt), versammelten sich im Rahmen des Festivals „KinderStücke 2012" in Mülheim an der Ruhe und diskutierten über die aktuelle Lage dramatischer Stoffe für Kinder – „Gut ist nicht gut genug!" Weiterlesen: Dramaturgen gegen Watte. Ein Gespräch der Beobachter über das Gespräch der Experten Brüderküsse sind die Kratzigsten. Tag fünf der Mülheimer KinderStücke 2012
Mummpitz mit eigener Stückentwicklung im Wettbewerb Erst mal nachschauen was Mummpitz bedeutet; aha - Schwindelei, Unsinn. Auf der Recherche danach, stoße ich sowohl auf die umgangssprachliche Verwendung „Mach keinen Mummpitz – Kehr wieder zur stringenten Ordnung zurück" und auf die sorgsam ausgestattete Homepage der freien Theatergruppe Mumpitz mit einer eigenen Spielstätte in Nürnberg. Weiterlesen: Brüderküsse sind die Kratzigsten. Tag fünf der Mülheimer KinderStücke 2012 “Wir werden in Erde begraben und dann wachsen uns Blumen aus dem Bauch”. Tag drei der Mülheimer KinderStücke 2012
Ein Mensch stirbt, andere bleiben zurück. Und das Kindertheater? Das lotet 2012 in Mülheim aus, was diese Lücke mit Familien macht, wie Kinder mit Verlust und Vermissen umgehen. Gleich drei von fünf Stücken thematisieren den Tod naher Angehöriger, in Katrin Langes "Freund Till, genannt Eulenspiegel" den Mord am Vater, in "Zur Zeit nicht erreichbar" von Petra Wüllenweber den Unfalltod der Mutter, bei Jens Raschke "Schlafen Fische?" den Krankheitstod des kleinen Bruders. Obgleich alle drei Stücke nicht von denen handeln, die sterben, sondern gemeinsam haben, sich auf die Perspektive der Übriggebliebenen und den Umgang der Kinder mit dem Verlust zu konzentrieren, besetzen sie sehr unterschiedliche Schwerpunkte. Fisch frisst Wurm frisst Junge. Tag drei der Mülheimer KinderStücke 2012
Ein Scout-Rucksack hängt an der Rückenlehne einer Parkbank, von gelb-bräunlichen Blättern aus Plastik umgegeben. Drumherum turnt die braunhaarige Schauspielerin Bettina Storm. Sie wirft die Blätter aus ihren Armen heraus, baut sich aus ihnen einen Fluß inklusive Staudamm, lässt ein einzelnes Blatt zur Sonne werden und erklärt mit den Blättern das zweistellige Alter der von ihr gespielten Figur Jette, zehn Jahre alt. Sie kommt regelmäßig auf diese Parkbank,die ist räumlicher Mittelpunkt der Pop-Up Bühne, die aus einem eingegrenzten, weißen Bodenfeld und einer Rückwand mit Waldalleenmotiv besteht. Darin befinden sich eine Tür plus einem Fenster, sowie ein metallener Abfalleimer, inklusive einer leeren Zigarettenschachtel und massenhaftem Plastiklaub. Alle weiteren Spielgegenstände bringt Jette selbst in ihrem Scout-Rucksack mit, holt daraus zum Beispiel die von ihr selbstentworfene Action-Figur „Superpizzalieferboy" heraus und erzählt dem Publikum, wie sie mithilfe dieser Actionfigur ihren an Blutkrebs erkrankten, jüngeren Bruder (mit seiner Vorliebe für Pizzas ) aufzuheitern versuchte. Weiterlesen: Fisch frisst Wurm frisst Junge. Tag drei der Mülheimer KinderStücke 2012 Zwischentöne. Tag drei der Mülheimer KinderStücke 2012
Musikstücke im Theater möchten die Wahrnehmung von Zuschauern formen. Denn wer könnte sich jemals gegen die emotionalisierende Wirkung von Musik wehren? Eine Ausschmückung, ein Beiwerk, ein Sog-Instrument für das Publikum, wenn Worte oder szenische Handlungen keinen Halt mehr finden.
Weiterlesen: Zwischentöne. Tag drei der Mülheimer KinderStücke 2012 Schauen zwei Mäuse einer Fledermaus beim Sturzflug zu. Tag zwei der Mülheimer KinderStücke 2012
Sunny Zauner stirbt nach einem Autunfall aufgrund vager Komplikationen im Krankenhaus. Vier bleiben um diese Lücke herum zurück, die Großmutter (Eva Coenen), der Ehemann Matthias (Reinhold Rolser) und die gemeinsamen Kinder Venja (Sabine Merziger) und Nico (Nicolas Bertholet). Wie verhält und organisiert sich eine Familie nach einem Todesfall neu? Welche Aufgaben übernehmen die Großeltern, wenn die klassische Familienstruktur wegbricht? “Ich werde mich an dich erinnern. Wie heißt du eigentlich?”. Erster Tag der Mülheimer KinderStücke 2012
In einer Kooperation mit Kinderstücke 2012 gastieren drei unserer Redaktionsmitglieder in Mülheim und schreiben über die Stücke genauso wie die theaterpolitisch relevanten Fragen des Festivals. In diesem ersten Text behandeln sie Katrin Langes “Freund Till, genannt Eulenspiegel”. Drei Mal Jugend
Manchmal spricht auch ein Mangel für Gewinn. Ein wenig verwundert reibt man sich ja schon die Augen, dass beim neu ins Leben gerufenen Jugendstückewettbewerb des Heidelberger Stückemarkts keines der großen Kinder- und Jugendtheater Deutschlands dabei ist: kein Grips Theater, kein Theater an der Parkaue Berlin, kein Theater Junge Generation Dresden, kein Theater der Jungen Welt Leipzig. Tatsächlich aber spricht diese Abwesenheit der Spezialisten bei gleichzeitiger Einladung von Staatstheatern aus Dresden, Wiesbaden und Hannover für eine wachsende Präsenz des Jugendtheaters. Die Zeiten, in denen die großen städtischen Bühnen am jungen Publikum vorbei inszenierten, sind passé. Ein starkes Jugendangebot gehört heute ebenso wie eine rührige Theaterpädagogik zur Grundausstattung der Häuser. Manch eine Bühne vermag mit jungen Arbeiten geradezu ein Profil zu schärfen. So war es beim Neustart der Oldenburger Intendanz von Markus Müller 2006, als mit "Crash" von Sera Moore Williams in einer Inszenierung der damals noch weitgehend unbekannten Anna Bergmann ein verheißungsvolles Signal für die ästhetisch dann tatsächlich sehr mutige Theaterarbeit im äußersten Nordwesten gesetzt wurde. „Wir springen auf keinen Migrationshype auf“ / Türkisch-Deutsches Theater lebt gesellschaftliches Zusammenleben
Für das Türkisch-Deutsche Theater in Hildesheim ist kulturelle Vielfalt normal. Seit über 20 Jahren spielt Neclâ Eberle-Erdógan im Türkisch-Deutschen Theater mit – neben ihrer Arbeit im Mehrgenerationenhaus Hildesheim. „In erster Linie ist Theater eine Möglichkeit für mich meine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Hier kann ich über meine Ansichten und Einstellungen in Bezug auf das Zusammenleben in der Gesellschaft nachdenken und Gemeinsamkeiten zwischen verschiedensten Menschen finden", sagt die türkischstämmige Deutsche. Das Türkisch-Deutsche Theater wird seit 1990 von Studierenden der Universität Hildesheim und Bürgern aus der Region Hildesheim geleitet. „Wir springen auf keinen Migrationshype auf", erklärt Isabel Schwenk, die mit Markus Wenzel seit 2011 das Theater leitet. Beide studieren an der Universität Hildesheim Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis sowie Szenische Künste. Provinz - Publikum - Persönlichkeiten
In der Grenzstadt Konstanz ist das älteste Stadttheater Deutschlands immer schon Verhandlungsort gesellschaftlicher und politischer Strukturen. Der Sammelband zum 400jährigen Bestehen des Theaters Konstanz ist keine einheitliche Abhandlung der Historie des Hauses oder der ästhetischen Schwerpunkte der einzelnen Etappen, sondern vielmehr ein Sammelband, der Zeitzeugen, Experten und Begleiter des Theaters zu Wort kommen lässt. Fotos und Zeichnungen aus den vier Jahrhunderten des Theaters, eine nahezu komplette Auflistung des Spielplans und persönliche Anekdoten der Beteiligten - von der Garderobenfrau zum Intendanten - rahmen die verschiedenen Beiträge. Als Stadttheater steht dabei stets die Verknüpfung von Stadt- und Theatergeschichte im Mittelpunkt. Weitere Beiträge...
|